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Der Rhönpaulus

Johann Heinrich Valentin Paul wurde in Weilar als unächtes (unachtbares, weil uneheliches) Kind der Hanna Regina Paul 1736 geboren. Der Vater war ein Hildburghäuser Soldat. Seine Mutter starb, als der Junge fünf Jahre alt war. Er wuchs bei seinem Onkel, dem Gutsschäfer in Weilar bei schwerer Arbeit und karger Kost auf. Später verdingte er sich bei einem Glattbacher Bauern als Schäfersknecht. Doch schon mit 20 Jahren wurde er Soldat und zog in den 7- jährigen Krieg, da ihm der Bauer die Heirat mit seiner Tochter verwehrte. Aus dem Krieg in die Heimat zurückgekehrt, konnte er sich nicht mehr an ein normales Leben gewöhnen und fristete sein Dasein mit Diebstahl, vorwiegend bei wohlhabenden Bauern, Wilderei und Schmuggel. Unterschlupf fand er in einer Höhle im Neuberg bei Glattbach, der sogenannten Paulushöhle , deren eingefallenen Eingang man heute noch sehen kann. Verfolgt und mehrfach in Kaltennordheim eingesperrt, konnte er sich immer wieder befreien, bis er 1780 wegen Abschuss der schönsten Hirsche im herzoglichen Forst erneut eingefangen, verurteilt und im Pauluskasten zum Galgen gebracht und hingerichtet worden ist. Das Original kann im Dermbacher Museum besichtigt werden und eine Kopie des Kastens steht auf dem Glattbacher Dorfplatz. Als legendäre Gestalt ist der Rhönpaulus in das Erzählgut der Rhön eingegangen, das als lebendiges Erbe in der hiesigen Bevölkerung bewahrt wird.

Einige Geschichten vom Rhönräuber Paulus

In Friedelshausen saß Paulus zwischen Bauern, die ihren Abendschoppen tranken. Über das Wetter, die Ernte, kam das Gespräch auch auf den allseits bekannten Rhönräuber. Man erzählt von seinen begangenen Taten, die sich unser Paulus ganz gemütlich anhörte. Nach einer Weile zahlte er und ging. Im Dorf traf er den bewaffneten Gemeindediener und bat ihn, im Wirtshaus die Gäste von Paulus, dem Räuber der Rhön , zu grüßen. Der Gemeindediener dachte sich weiter nichts bei dieser freundlich vorgetragenen Bitte und richtete sie aus. Schimpfend fielen die Gäste über den Gemeindediener her und wollten wissen, warum er ihn nicht festgenommen habe, das sei nämlich höchstpersönlich Paulus selbst gewesen. Auch der Gemeindediener bemerkte, welche Torheit er begangen hatte, aber Paulus war schon über alle Berge.

Hinter der Würzburg-Tanner-Grenze traf Paulus einmal einen Andenhäuser Schmuggler, der mühsam einen schweren Salzsack die Anhöhe hoch trug. Vom Mitleid erfasst, trug dann Paulus dem erschöpften Mann den Sack ein Stück des Weges, damit dieser wieder etwas zu Kraft kommen konnte. Kaum hatte Paulus den Sack wieder abgegeben, als zwei Grenzwächter erschienen. Der Mann ließ den Sack fallen und nahm Reißaus. Die Grenzwächter verfolgten den Schmuggler und kümmerten sich nicht um Paulus. Dieser nahm seelenruhig den Sack wieder auf und trug ihn nach Klein-Fischbach, wo er ihn gegen zwei Taler verkaufte und auch noch Abendbrot erhielt. Auf dem Rückweg schob Paulus dem armen Schmuggler des erlöste Geld durchs Fenster und ging, ohne ein Wort zu sagen, weiter.

Ein andermal verkaufte ein reicher Bauer zu Glattbach ein paar fette Ochsen an einen Metzger. Als er nun sein Geld abends bei Licht nochmals zählen wollte, und sein Kind nach den blanken Talern griff, um damit zu spielen, drohte er ihm, das ganze Geld dem Paulus geben zu wollen. Aber das Kind hielt keine Ruhe. Da strich der Bauer ärgerlich die Taler in den Beutel, schob das Fenster auf und hielt ihn mit den Worten hinaus: Da, Paulus, hast du das Geld - Und der Paulus ließ sich so etwas nicht zweimal sagen, griff zu und verschwand.

Quelle: Bibliothek Dermbach/Rhön